Das Netz ist das, was Du draus machst

Internet und Gesellschaft, Kinder

Medienkompetenz, die 28.

Letzte Woche hatten wir Elternabend an der Elementarstufe unserer Schule. Die Schulleitung hat die Gruppe Innocence in Danger eingeladen, um sich mit den Kindern spielerisch dem Thema Internet zu nähern. Der Elternabend war dazu gedacht, den interessierten Eltern einen Einblick in die Arbeit der Gruppe, und vermutlich auch ein paar Zahlen zur Rechtfertigung ihres Tuns an die Hand zu geben. Denn wie wir seit Antoine de Saint-Exúpery wissen: Nichts ist für die Großen Leute relevanter als Zahlen.

Zu einem Medienkompetenz-Abend gehe ich unter Garantie nicht ohne meinen Rechner. Und so habe ich einen kleinen Live-twitter veranstaltet:

Der Schulleiter stellt das “Innocence in Danger” Team vor. Es klingt, als müssten wir irgend etwas schwer pädagogisch-interaktives machen :/

— junebug (@junaimnetz) 12. Dezember 2013

Wer mitgelesen hat, konnte meine steigende Irritation und meinen Unmut über einzelne Punkte des Abends beobachten. In diesem Post möchte ich etwas ausführlicher reflektieren und ein paar Hintergrundinformationen verlinken, die mir Sabine zusammengestellt hat. Danke dafür!

Das Internet ist Bielefeld,

postulieren Tanja und Johnny Häusler in ihrem lesenswerten Buch Netzgemüse. Und meinen damit, dass unsere Kinder, die das Internet bereits vor ihrem 15. Lebensjahr kennen gelernt haben, es als einen festen Bestandteil ihres eigenen Lebens, und darüber hinaus ihre digitale Identität als festen Bestandteil ihres Wesens ansehen. Oder: (als kleiner Dialog zwischen einem Mädchen und ihrem Vater):

“Früher hatten wir gar keine Computer”
Mädchen: “Aber wie seid Ihr denn dann ins Internet gegangen??”
Eine interaktive Medienkompetenz-Schulung für Kinder sollte daher andere Inhalte haben als ein Medienkompetenz-Elternabend. Im Grundschulalter sind zwar nicht alle Kinder bereits internetaffin, aber sie haben durch ihre Sozialisation bereits einen völlig anderen Zugang zu den neuen Medien als wir in der Elterngeneration. In aller Regel gehen sie per Try and Error an Software und Internet heran, und lernen dabei wesentlich schneller als die etwas vorsichtigeren großen Menschen.

Am Abend berichtete die (absolut sympathische) Gruppe der Innocence in Danger-Organisation von der Arbeit mit den Kindern. Zu Beginn zeigten sie uns einen Film, in dem eine (Kinder-) Professorin die Kinder vor dem Bildschirm um Mithilfe bittet. Es ist das Jahr 2033 oder so, und eine Initiative namens Alfamilia hat alle Eltern quasi unterworfen. Computer mit Internetzugang sollten den Eltern ermöglichen, auch von zuhause aus flexibel zu arbeiten und damit mehr Zeit für die eigenen Kinder zu haben. Tatsächlich hat die Organisation aber dann das Internet genutzt, um die Eltern zu so einer Art gefühlslosen Robotern zu machen, die nur noch vor dem Rechner saßen und ihre eigenen Kinder nicht mehr wahrnahmen. Für die Betreuung der Kinder gab es Apps, die ihnen etwas vorlasen oder sagten, wann und wie lange sie ihre Zähne putzen mussten. Eine durchaus verstörende Dystopie, in der die Eltern nicht gerade gut wegkamen. Die Professorin wollte nun entdeckt haben, dass es der Organisation gelungen sei, die Gefühle der Menschen zu rauben. Nun würde sie zwei Druiden in die Vergangenheit schicken, und die Kinder müssten diesen beibringen, was Gefühle und Werte wie Liebe und Freundschaft seien. Die Druiden könnten dann eine Software ins Netz speisen, wodurch die Eltern das Fühlen wieder lernen.

Klingt wirr? Ja, fand ich auch. Zumal ob der klaren Belegung: Computer: kalt, roboterhaft, ohne Gefühle, zeitraubend, einsam vs. kein Computer: warm, sonnig, liebevoll, Gemeinschaft. Aber egal, weiter:

Die Kinder lernen dann die Druiden kennen und bringen ihnen in interaktiven Spielen das Fühlen wieder bei. Hinzu kommen ein paar Anregungen, die das Zusammengehörigkeitsgefühl der Kinder stärken sollen. Und ein Spiel, das sich vermehrt mit den Gefahren des Miteinander auch online beschäftigt. Man könnte sagen, eine Art Spiel, das für die dunklen Winkel der Online-Welten sensibilisieren sollte.
Danach wurde die “gemeinsam mit den Kindern entwickelte Software” im Jahr 2033 ins Internet hochgeladen, und die Eltern erwachten aus ihrem roboterhaften Dasein, die Sonne ging auf, und die Kinder wurden gefragt, ob sie vielleicht ins Hallenbad gehen möchten. Tja.

Ich glaube, ich warte mal mit meiner Wertung bis zum Schluss.

Nachdem die Gruppe also ihre Arbeit mit den Kindern vorgestellt hatte, kam der Teil des Medienkompetenz-Abends, der nur für die Eltern bestimmt war. In der kurzen Einleitung wurden die Eltern darüber aufgeklärt, dass sich bereits Grundschüler heute aktiv in sozialen Netzwerken bewegen, und dass sich die Eltern in Zukunft mit Spielekonsolen, Tablets und Smartphones auseinander setzen müssten. Dann folgte ein harter Schnitt. Die erste Folie der Präsentation:
28% aller Mädchen und 14% aller Jungen (glaube ich) werden im Internet sexuell missbraucht.
Nächste Folie:
Laut UN und FBI bewegen sich online zu jeder Sekunde etwa 750.000 Pädokriminelle.
Nächste Folie:
Täter haben online ungestört DIREKTEN ZUGRIFF auf das Kind. (inkl. Capslock)

Dazu Erläuterungen wie: “Auch Jugendliche machen sich mit dem Verschicken von intimen Fotos an ihre Partner der Kinderpornographie strafbar.” “Das Netz vergisst nichts.” “Eine breite Lobby handelt im Internet mit Kinderpornographie und weckt den Bedarf an pornographischen Fotos.” “Im Chat geben sich wesentlich ältere Männer als Kinder aus und bauen eine Beziehung zu Ihren Kindern auf. Ohne Ihr Wissen.”

Mal abgesehen von den unzulässigen Verallgemeinerungen (wie z.B. das Postulat, bei den Tätern handele es sich stets um “Männer”), und der überflüssigen Erwähnung, dass sich auch unsere Jugendlichen mit dem Verschicken von Bildern strafbar machen können (ich sehe sie bereits alle entsetzt aufschreien ;)), hat die Gruppe da mal ganz klar einiges durcheinander gemischt, was lieber getrennt geblieben wäre. Die Kommunikation mit Unbekannten ist etwas, das wir unseren Kindern beibringen sollten, und selbstverständlich müssen wir sie darauf aufmerksam machen, dass es auch Gefahren bei dieser Kommunikation gibt. Dazu gehört in meinen Augen auch die rein rechtliche Komponente, dass sie keine Kontrolle über die Inhalte und Fotos, die sie auf sozialen Netzwerken posten oder über Whats App schicken, haben. Was im Einzelfall natürlich böse ausgehen könnte. Aber worauf genau bezieht sich die hohe Zahl der Missbrauchsopfer im Internet? Wo fängt der zahlenmäßig erfasste Missbrauch an? Wird schon der Missbrauchsversuch gezählt? Oder wurden da Zahlen miteinander vermischt, um etwas hübsch Reißerisches präsentieren zu können? (Vergleiche dazu unbedingt Jörg Rupp hier.) Denn die eine Form von Missbrauch, z.B. durch sexualisierte Rede oder die Aufforderung, Fotos von sich zu schicken, ist klar von der organisierten Kinderpornographie zu trennen. Die es im Übrigen bedauerlicherweise bereits vor dem Internet gab. Menschen, die krank genug sind, Kinder sexuell zu missbrauchen und davon Fotos und Videos ins Netz zu stellen, gibt es darüber hinaus überall. Zu 98% iger Wahrscheinlichkeit stammt jede/r Sexualtäter/in aus dem direkten Umfeld von Familien und Freunden. Sie benötigen weder einen Internetchat noch ein soziales Netzwerk, um sich den Kindern zu nähern. Die Bekanntschaft mit den Eltern ist alles, was sie brauchen. Außerdem sollte Folgendes klar gestellt werden: Ein Chat kann unsere Kinder emotional verletzen und ihnen Angst machen. Aber er vergewaltigt niemanden und er tötet nicht.

An diesem Punkt des Vortrags war ich gespannt auf das weitere Vorgehen der Gruppe. Und erwartete die noch ausstehende Online-Spiele-Verteufelung. Die blieb allerdings komplett aus.

Dafür wurde es noch ein wenig abstruser, als wir über die möglichen Strategien zum Schutz der Kinder sprachen. Als praktischen Tipp wurde nun nämlich den Eltern empfohlen, den Kindern zu zeigen, wie der Browser zu- und der Computer ausgemacht wird. Darüber hinaus wurde uns empfohlen, das Internet als möglichen Stressauslöser und Verursacher psychischer Probleme immer mitzudenken. Gleichzeitig baten sie uns, das Medium nicht zu verteufeln und den Kindern weder Angst vor dem Computer zu machen noch das Internet zu verbieten.
So viel zu den Tipps des Medienkompetenz-Teams. Keine Vorführung, wie man einen Browser kindersicher macht, keine Linktipps auf gute Seiten … Ein wenig des Erhofften kam dann auf Nachfrage, war aber in der ursprünglichen Präsentation offenbar nicht eingeplant. Stattdessen Werbematerial am Ende und eine kostenpflichtige Telefonnummer für besorgte Eltern.

Es folgten noch etwa zwanzig Minuten Diskussion. Darunter so schöne Redebeiträge wie: “Ja, Kindesmissbrauch ist ja auch ein ganz wichtiges Thema. Hier ist ja gerade wieder ein Täter unterwegs, der die Kinder auffordert, zu ihm ins Auto zu steigen!” (Ich empfehle der fürsorglichen Mutter Überwachungskameras und GPS-Sender-Implantate. Oder meinen Artikel zu Künstliche Räume der Sicherheit) und “Wie gehen die Kinder denn ins Internet? Die Schule hat doch gar keinen Computerraum!” (Doch. Natürlich hat sie den). Die Fragen und Anmerkungen der Eltern gaben mir noch um einiges mehr zu denken als dieser merkwürdige Film mit den Internetzombies.

Heute glaube ich, diese Schlussdiskussion veranschaulicht ganz gut, vor was für einem enormen Problem Initiativen wie diese stehen. Diese Probleme sehe ich vor allem in den sich stark voneinander unterscheidenden Kenntnisständen der Eltern. Die Präsentation schien sich an ein uninformiertes Zielpublikum zu richten. Das obendrein noch intellektuell eingeschränkt ist. Denn die verknappten Inhalte und die boulevardblatt-mäßigen Titel der Folien zielten auf nachhaltige Panikmache und wurden durch die beschwichtigenden Worte am Ende keineswegs relativiert. Auch das Wording während der Präsentation und der Diskussion war durchaus interessant. So sprach ein Mitglied der Organisation davon, dass man “das Internet nicht verbieten kann”, als wäre das im Grunde genommen das beste Vorgehen, aber leider nicht durchsetzbar, denn (auch ein Zitat:) “die Jugendlichen finden immer einen Weg ins Internet.”
Der Wortlaut ist hier zumindest kritisch zu hinterfragen. Der Zusatz wirkt so, als sei das Internet der Untergrundclub der Neuzeit und das Profil im Netz der gefälschte Personalausweis. Ich möchte zu gerne wissen, wie viele der Anwesenden sich dabei des nachts heimlich aus dem Haus schleichende Jugendliche vorgestellt haben, als sie diese zwei Sätze hörten.
Gehe ich wohlwollend von besten Absichten der Innocence im Danger aus, stellt sich die Frage: Was soll mit der reißerischen Präsentation, die noch dazu Fakten miteinander vermischt a la “Todesfalle im Internet”, erreicht werden? Wenn ich annehme, dass ich diejenige im Raum mit der größten Medienkompetenz war, und die Mutter neben mir, die bezweifelt hat, dass die Schule über einen Computerraum verfügt, diejenige mit der wenigsten, dann liegen dazwischen etwa 30 Eltern mit jeweils unterschiedlichem Gebrauch des Mediums. Traut man dem Gros der Eltern nicht zu, eine einfache Anleitung wie das Ausrüsten eines Browsers, das Schützen verschiedener Inhalte mit Passwörtern und das Bookmarken von sinnvollen Seiten wie save-me-online.de umzusetzen, ist vielleicht die gute alte “Das-Internet-ist-ein-schlechter-Ort”- Strategie genau diejenige, auf die man verfällt. Das verfehlt seine Wirkung nicht, denn wie wir als Eltern dieser Generation wissen, ist nichts wichtiger als die Sicherheit der Kinder. Wenn die Sicherheit bedroht ist, hören wir hin, verfallen mitunter in Aktionismus und investieren auch mal viel, viel, sehr viel Geld.
Dass der Aktionismus nach hinten losgehen kann, ist spätestens dann zu beobachten, wenn Eltern aus lauter “Sorge” um die “Sicherheit” ihrer Kinder anfangen, Spyware auf deren Rechnern zu installieren und Chatprotokolle mitzulesen.

Immer wieder wurde im Verlauf des Abends die Arglosigkeit der Kinder, Jugendlichen und Eltern im Umgang mit den neuen Medien betont. Als wäre Misstrauen das, was in allererster Linie dem Medium gegenüber angebracht wäre. Also, Misstrauen gegenüber Bielefeld im Allgemeinen. Manchmal denke ich, wir sollten aufpassen, nicht aus lauter guten Motiven selbst zum Geheimdienst zu werden.

Ich will die Gefahren von Online-Missbrauch nicht wegdiskutieren. Natürlich sind sie vorhanden und wir müssen unsere Kinder dafür sensibilisieren. Aber
unsere Kinder lassen sich am effektivsten schützen, wenn wir gegenüber unserem eigenen sozialen Umfeld nicht blind sind. Im Online-Bereich besteht der beste Schutz in der Aufklärung und der Bitte, das Kind möge mit den Eltern sprechen, wenn ihm etwas seltsam vorkommt. Und sich nicht einfach mit Chat-Partnern treffen. Und sich im Klaren sein, dass es sich in einem mehr oder weniger öffentlichen Raum befindet und wenig Kontrolle über das hat, was es von sich preisgibt. Dazu würde ich mir wünschen, dass Eltern anfangen, das Internet als das anzusehen, was es vermutlich für unsere Kinder sein wird: Einer der wichtigsten Arbeits- und Lebensräume ihrer Generation. Der Fokus sollte nicht auf “Da kommen wir nicht drumrum” liegen.

In diesem Blogpost habe ich mich ganz absichtlich nicht um die nicht ganz unbefleckte Vergangenheit der Organisation Innocence in Danger gekümmert. Das hätte sich eventuell gelohnt. Es scheint allerdings, als ob die Vorwürfe gegen sie entkräftet wurden. Dennoch:
Bei der Website des Unternehmens muckt mein WebOfTrust:

Hier sieht man einen Screenshot, auf dem für die Webseite von Innocence in Danger die Meldung "Diese Seite hat einen schlechten Ruf" angezeigt wird.

WebOfTrust ist im Übrigen eines der diversen Add-Ons, die InternetnutzerInnen vor bestimmten Inhalten warnen und schützen können. Aber das ist jetzt bestimmt nur Zufall. Oder so.

Update: ein schöner Tipp von @ehrlichgesagt: Hier gibt es eine ganze Reihe von lesenswerten Informationen zum Stichwort Medienkompetenz. Der Autor verlinkt auch seine online verfügbaren Artikel. Sehr schön.

Und hätte ich diesen Artikel von Tante Jay bereits vor dem Elternabend gelesen, hätte ich mich nicht mehr ganz so sehr gewundert. 🙂 Absolute Leseempfehlung!

  1. CoMa_spinnt

    Hab vielen Dank für diesen Artikel! Ich hatte ja deinen Live-Bericht bei Twitter mitgelesen und kommentiert.

    Mir ist anhand dieser Nachlese aufgefallen: Der Tipp, Kindern zu zeigen, wie man den Browser zu und den Computer ausmacht, ist der einzige Punkt, wo wirklich MedienKOMPETENZ für die Kinder vermittelt wurde.

    Sonst ging es ja wohl nur um das Aufzeigen von Gefahren. Was nicht verkehrt ist, aber eben bestenfalls die Vorstufe zur Kompetenz.

    • Sehe ich genauso. Es ist ein wichtiger Punkt, den Kindern zu sagen: Da und da solltest Du aufpassen. Aber danach muss es irgendwie weitergehen 🙂

  2. Anita

    Wenn man sich dafür einsetzt, Kinder STARK zu machen gegen sexuelle Übergriffe, dann ist

    http://zartbitter.de/gegen_sexuellen_missbrauch/Aktuell/100_index.php

    eine gute Sache!!

    Ich sehe, Stephanie zu Guttenberg auch nicht unbedingt als aussagekräftig, hier vernünftig Aufklärung zu betreiben, es wirkt eher rein plakativ!! Die Seite der “Organisation” weist ja auch “nur” auf Links hin und gibt außer plakativen Aussagen keine Handlungsstrategien an die Hand. (ich habe die WOT-Warnung einfach mal ignoriert).

    Um Medienkompetenz von Kindern UND Lehrern zu schaffen bedarf es eigentlich nur des gesunden Menschenverstandes SOWIE der grundsätzlichen Kompetenzen im sozialen Umgang miteinander.

    Eltern sollten offen mit ihren Kindern sprechen und gerade in der Anfangszeit nicht auf Selbstständigkeit setzen (man schickt ja auch selten Kinder im Alter zwischen 6-10 Jahren vollkommen alleine in die nächste Großstadt shoppen). Selbstständigkeit ist das Ziel, aber nicht der Weg.

    ————-

    Solange in Kernlehrplänen für die Jahrgangsstufen 1-2 drinsteht, dass Erst- und Zweitklässler mit dem Computer vertraut umgehen können (toll, wenn die Kinder noch nicht lesen und schreiben können *Ironie off*) ………

    Solange Lehrer hilflos argumentieren, dass Handy’s nun mal eben auf den Schulhöfen sind UND man dem nicht begegnen “könnte” ………..

    Solange Lehrer tolerieren,dass Klassenveranstaltungen über Whatsapp unter einigen Schülern “verhandelt/ausgemacht” werden (wozu gibt es eigentlich noch Anwesenheitspflicht im Unterricht? *Ironie off*) ………..

    Solange für Gruppenarbeiten keine guten Seiten vorgegeben werden (aus denen man im Netz Informationen für eben diese Aufgabe ziehen kann) und somit tolerieren, dass auch nicht wissenschaftliche Informationen in den Unterricht einfließen …………

    Solange die eigentlich guten Such-Seiten für Kinder keine oder nur wenige Informationen bereitstellen ……………

    Solange Lehrer über Whatsapp oder Facebook Gruppen einrichten, um Schulaufgaben für die SCHULkinder bereitzustellen ……….

    Solange Lehrer über Clouds Hausaufgaben einfordern ……….

    Solange es vielen Eltern sch….egal ist, dass die Kinder so “selbstständig” bereits im KiGa-Alter das Netz nutzen ……………..

    solange laufen alle solche Aktionen absolut ins Leere!

    • Ich bin mir nicht ganz sicher, worauf Du hinauswillst. Ich persönlich halte die Einbindung von sozialen Netzwerken in den höheren Klassen für eine sehr gute Idee und die Facebook-Verbote an einzelnen Schulen für kontraproduktiv. Solange alle Schüler Zugang zu diesen Technologien haben, kann der Einsatz einen echten Mehrwert haben, tolle Diskussionen entstehen lassen, demokratische Mitbestimmung schulen und die Kompetenzen im Umgang mit diesen Medien erweitern. Im Idealfall machen das die Eltern bereits vorher mit ihren Kindern und führen sie sowohl an die Möglichkeiten als auch an die Gefahren heran. Das Problem ist allerdings (was auch die Diskussion zeigte, und es waren ja “nur” die interessierten Eltern anwesend) ist, dass viele Menschen in der Elterngeneration die Fähigkeiten gar nicht haben. Mehr noch: Sie können zwar selbst nicht damit umgehen, schenken aber dem Junior das Smartphone zum achten Geburtstag und stellen dem fünfjährigen Mädchen einen internetfähigen Rechner ins Zimmer. Das ist ihre Freiheit. Und da hilft natürlich ein Smartphone-Verbot in der Schule überhaupt nichts. Stunden, in denen zusammen getwittert oder per Whats App eine Diskussion koordiniert wird, in denen Pädagogen den Kindern auch etwas zu den rechtlichen Hintergründen vermitteln, ist in meinen Augen den Verboten klar vorzuziehen.
      Ein Beispiel: Wir hatten gerade in der sechsten Klasse einen Fall, in dem die Schüler ein paar Fotos der LehrerInnen in etwas ungünstigen Posen in soziale Netzwerke hochgeladen haben. Jetzt sind Smartphones in den Klassenzimmern untersagt. Was haben die SchülerInnen gelernt: Ich darf meinen Lehrer nicht mit meinem Smartphone fotografieren. Warum? *schulterzucken: Weil.

      Das kann nicht der Weg sein, denke ich.

  3. marie_me

    Vielen Dank für deinen Bericht. Ich habe selbst einige Jahre Medienkompetenzschulungen für Eltern und Kinder und auch Pädagogen gegeben. Ich bin einigermaßen schockiert! Es gibt so tolle Kinderseiten, die man empfehlen und auch tolle Offlinematerialien die man verteilen kann. Und das Wichtigste ist einfach: reden! Kinder und Eltern müssen Absprachen miteinander treffen, sich austauschen. Ich habe immer gesagt, dass das Internet ein Spiegel der echten Welt ist. Alles was an Guten und Schlimmen Sachen im echten Leben gibt, gibt es natürlich auch im Internet. Und genauso wie man nachts um 3 Uhr bestimmte Ecken vermeidet, kann man auch bestimmte Ecken im Internet vermeiden. Schade, das so ein Verein, der finanziell echt gut aufgestellt ist nur auf Schocking und Angstkampagne setzt!

    • So wie Du es beschreibst, hätte ich es mir gewünscht 🙂 Gleichzeitig habe ich, wie oben in dem zusammenfassenden Abschnitt, durchaus den Eindruck, dass diese Menschen das nicht nur könnten, sondern auch gerne machen würden. Ich hatte rückblickend das Gefühl, dass sie dazu angehalten werden, bestimmte Dinge zu sagen und zu zeigen – Priorität auf dem Aufzeigen der Gefahren, und dann, wenn die Zeit und die Fähigkeiten des Publikums noch reichen, vielleicht ein paar brauchbare Tipps. Man müsste den Eltern wahrscheinlich etwas mehr zutrauen.

      Um zu beurteilen, ob bei einem solchen Vorgehen auch Selbstmarketing eine Rolle spielt, bin ich allerdings die Falsche. Das ist hier mehr so ein diffuses Gefühl des “Irgend etwas stimmt hier nicht.”

      Danke für Deinen Kommentar! Das mit dem Spiegel der Welt gefällt mir außerordentlich. Genau so ist es 🙂

  4. ehrlichgesagtistdasmeinleben

    Hallo Juna,
    falls es dich oder die Schule deiner Kinder interessiert: den hier http://www.erziehung-zur-medienkompetenz.de/ finde ich sehr kompetent und dazu noch unterhaltsam. Lieben Gruss!

    • Sehr schön, danke! Ich verlinke das noch oben, er schreibt ja tolle Artikel zu dem Thema 🙂

      • ehrlichgesagtistdasmeinleben

        Ja, der ist wirklich gut. Meine Kinder gehen auf eine Waldorfschule und der hält da regelmäßig Vorträge zu dem Thema.

  5. Ein toller Artikel mal wieder. Und ja, ich kenne das Problem hier auch. Wobei ich aber der altmodischen Ansicht bin, dass “Medienkompetenz” nicht unbedingt was mit dem Computer zu tun haben muss. In meinem bescheidenen Verständnis bedeutet Medienkompetenz, dass ich in der Lage bin die Dinge welche mir irgendwelche Medien (z.B. die Tageszeitung) servieren einzuschätzen und nicht blind alles zu glauben was irgendwer behauptet.
    Ist für mich als alten Mann natürlich viel leichter als für ein Kind das ja noch wenig Wissen und Lebenserfahrungen sammeln konnte.

    Die Schreckgespenster vom Internet finde ich zwar auch übertrieben, habe aber auch schon erlebt, dass man wenn man auf einer Seite mit Flash-Spielen für Kinder irgendwo “falsch abbiegt” durchaus auch bei Pornoseiten landen kann.

    Das meiner Erfahrung nach größte Problem beim PC ist weniger dass meine Kinder unpassende Inhalte sehen könnten (ich habe grundsätzlich keine Angst vor Inhalten, auch wenn manche Bilder die ich sehen muss mir das Herz zerreissen) sondern vielmehr in dem “Zeitfresser” PC der einen so erfolgreich von den Hausaufgaben und sonstigen kindlichen Pflichten abhält. Aber vielleicht bin ich ja nur durch eine pubertierende Tochter vorgeschädigt. 🙂

    • Zeitfresser? Ein internetfähiger Rechner? Ich habe keine Ahnung, worauf Du damit jetzt hinauswillst …;))
      Ansonsten dreimal Zustimmung. Bei der diesjährigen re:publica hat ein Mensch von der Süddeutschen Zeitung einen Vortrag gehalten. Und eine Zeitung mitgebracht. Es hatte was von dieser genialen Filmszene, in der ein engagierter Lehrer vor einer Klasse an einer “Problemschule” steht und sagt: “Dies ist ein Buch. Und so schlägt man es auf!”
      Ich fands brüllend komisch, aber bei all der Diskussion um Medienkompetenz sollte man tatsächlich nicht vergessen, dass es nicht nur die neuen Medien gibt.

    • Das ist ein wichtiger Punkt, den du da ansprichst, Rainer. Mir ist unverständlich, dass immer noch von “neuen Medien” gesprochen wird und keine ganzheitliche Medienpädagogik von der Bibliothek, über die Tageszeitung bis zu den verschiedenen Facetten des Internet erfolgt.
      Es wäre schön, wenn wir Lehrer (und Eltern) es endlich schaffen diese elende Schranke zwischen analog und digital zu überwinden.
      Es wäre sicherlich auch mal einen eigenen Artikel wert, inwieweit verschiedene Fächer/Disziplinen (ich spreche jetzt als Gymnasiallehrer) einen Dünkel gegen “neue Medien” habe. (Muss gerade daran denken, wie manche Englischlehrer über das Projekt dict.cc lästern…)

  6. marie_me

    Medienkompetenz bezeichnet die Fähigkeit, Medien und ihre Inhalte den eigenen Zielen und Bedürfnissen entsprechend zu nutzen. Siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Medienkompetenz
    Insofern ist damit PC, genauso gemeint wie auch Zeitung und TV und wer weiß was noch in der Zukunft auf uns zukommen wird…
    Wenn die Kinder in der Pubertät sind, sollten sie die Grundlagen der Medienkompetenz schon verinnerlicht haben. Auch wenn sie sich nicht immer an die Regeln halten. 😉 Das ist ja normal (in der Pubertät)… Bis sie dahin kommen, sollte z.B. eine einfach Regel sein: Erst die Hausaufgaben, dann alles andere. Sind auch manchmal Tänzchen mit den Kids, wenn man aber konsequent bleibt, dann gewöhnen sich alle dran. 🙂

  7. Kürzlich durfte ich einem von 2 patenten Vätern organisierten Anlass beiwohnen. Die haben das Netz und dessen Kontraktionen nüchtern und ganz vorzüglich erklärt.
    Erstaunt haben mich die Eltern. Da gibt es die Mutter, die findet, sie fördere ihre Kinder optimal, in dem sie diese vom Klavierunterricht in die Tennisstunde fährt und am nächsten Tag zur Aufgabenhilfe etc., die Kinder hätten also keine Zeit und auch gar kein Interesse an Netzaktivitäten. Auf der anderen Seite der Vater, der sich auf den Profilen der Schulkinder des Dorf umsah und da also nur himmeltraurigen Mist gefunden habe. Da würde er sich lieber umbringen als sich mit sowas abzugeben. Derweil kommt sein Sohn in der Schule kaum mit, verbringt den grössten Teil seiner Freizeit vor der Spielkonsole (sagt mein Sohn zumindest…)

    Ich bekam den selben Eindruck wie du, liebe junaimnetz: die Kinder sind weniger das Problem. Die klicken sich traumwandlerisch durch’s Netz (mein Jüngerer klickt genervt die nackten Damen weg, die sich vor den Player schieben, auf dem sein Lieblingsfilm läuft, wie Rainer habe ich auch weniger Angst vor den Inhalten), während die Eltern noch in den 2010-ern stecken (wow, ist das lang her!) oder gar noch vor der Jahrtausendwende.

    Wenn wir einst von Medienkompetenz sprachen, dann meinten wir doch auch Medienwirkung, oder? Heute geht alles so schnell, da sind einige offenbar schon froh, wenn sie wissen, wie die Maschine abzuschalten ist. Wenn ihr mir die Analogie erlaubt: Autofahrenkönnen geht ja relativ rasch. Wie wir das Getriebe ausbauen oder die Benzineinspritzung einstellen, müssen wir nicht unbedingt wissen. Was aber Autofahren z.B. für die Umwelt bedeutet, wie sich mein Reiseverhalten verändert oder ob ich, weil ich Autofahre, einen anderen Wohnort wähle… darüber nachzudenken würde für mich auch bedeuten, die kompetenter zu werden. Also in Bezug auf Medienkonsum: Wie lese ich Bilder, wie schreibe ich digital, wie analog, wie geht Inszenierung, wie schreibt Lady Gaga (oder wer auch immer) ihre Tweets, wie ändert sich mein Freizeitverhalten (hab ich überhaupt noch eins) etc.etc.etc.

    Da bisschen durchzusehen, wird sicher nicht einfacher… Ich halte es mit Günther Anders: wir sind ziemlich antiquiert.

  8. So, dann will ich auch mal. Argumente und Gedanken stehen nicht zwangsläufig in einer logischen Reihenfolge.
    Als beruflich Betroffener kenne ich solche Abnde leider zu genüge. Viele Chefs fahren voll drauf ab, die Elternvertretung will sie unbedingt, und dem Lehrer graut davor, weil er keinen Plan hat. (Nur mal so als worst-case-Szenario dahingeworfen….)

    Was mir an solchen Abenden gefällt:
    Ja, irgendwann muss man Kindern mal erzählen, an welchen Ecken des Lebens man aufpassen sollte, dass man zu niemandem ins Auto steigen sollte und dass man mittlerweile auch bei der kleinen Lisa,13 aus dem Chat massiv an die falsche Adresse geraten kann. Aber mal im Ernst, ist das Aufgabe von Schule? Mir haben das meine Eltern beigebracht…

    Was mir an solchen Abenden nicht gefällt:
    Fast alles! Ja gut, Pauschalurteil, ich versuch es mal aufzudröseln.
    Zuerst mal zum Thema Facebookverbot an einigen Schulen, liebe Juna. Ich diene in einem Bundesland, in dem mir der dienstliche Gebrauch jeglicher sozialer Netzwerke verboten ist. Als Grund werden Datenschutz (Kann ich nachvollziehen, teilweise geben Kollegen da Noten bekannt. Das geht mal gar nicht) und mangelnde Distanz genannt (Mein Dienstherr unterstellt mir also pauschal Unprofessionalität. Super, oder?)

    Guckt man sich die aktuelle Situation an Schulen und die letzten Erlasse an, so wundern mich solche “Panikabende” wie du einen erlebt hast allerdings nicht. Im System Schule, das sich ja durchaus als reformträge bis -resistent bezeichnen lässt, geht die Digitalisierung noch schleppender voran, als im Rest des Landes.
    Ganz oben ist da die Ministerial- und Verwaltungsebene. Zum Thema Regierung und Computer muss ich mich ja nicht näher auslassen….
    Nächste Ebene ist die Schulleitung. Da sitzen aus Alltergründen eben genau jene, die keine digital natives sind. Schulleitungen sind recht leicht von vermeindlich einfachen Lösungen mit scheinbar gutem Ruf begeistert. (Ich hab da einen Referenten, und die haben schon mal…. zu Guttenberg)
    Jüngere Kollegen, digital natives sind gerade erst im Beruf drin und haben genug zu strampeln. Zusätzlich sind sie zu großen Teilen auch noch analog ausgebildet.
    Eltern sind selbstverständlich auch total verunsichert, weil Kinder im Digitalbereich einfach mehr wissen. Logischerweise springen die auch eher auf plakative Lösungen an. (Mag jetzt ein Vorurteil sein, ich geb aber nur meine Beobachtungen aus der Provinz wieder.)
    Internetkompetenz wird an Schulen dann auch noch gern dem Informatiklehrer überlassen, der sowieso schon mit der Netzwerk- und sonstigen Hardwarepflege genug Arbeit am Back hat.

    Kurzum: Es ist zum Verzweifeln!

    Ich schrob glaub ich schon einmal, dass wir Geduld beim digitalen Umbruch der Gesellschaft brauchen. Menschen, wie du, liebe Juna und liebe Mitkommentisten und -tistinnen, gehören gemessen am bundesdeutschen Durchschnitt zur digitalen Elite, ob uns das jetzt schmeckt oder nicht…

    Mit Sicherheit werde ich über die schleppende Digitalisierung des Systems Schule noch das ein oder andere graue Haar bekommen. Aber man kann ja schon mal ein wenig damit anfangen, statt zu verzweifeln (auch wenn ich das manchmal am liebsten tun möchte). Der Rest kommt dann einfach irgendwann nach.

  9. P.S.: Wer Orthographische, lexikalische und Grammatikdingens…. Es gibt Gründe, dass ich nie Deutschlehrer geworden bin. Klar?

  10. Ich bin ein wenig fassungslos, dass dieser unsächlieh verein, dem es wohl vor allem darauf ankam, seine kostenpflichtige Telefonnummer loszuwerden, in Schulen in BW komen kann. Wer hat die denn bestellt? Und kennt der/diejenige nicht: http://www.kindermedienland-bw.de

    • Ich danke Dir für den Link. Keine Ahnung, wer genau auf diese Gruppe gestoßen ist, und ich betone auch gerne noch einmal, dass die drei, die dort waren, ganz toll auf die Kinder eingegangen sind, mit ihnen gespielt haben und sehr sympathisch rüberkamen. Das Setting war das, was … naja, Du hast es ja gelesen. Ich leite Link und Frage weiter. Praktischerweise hat sich der Gatte gerade zum Elternbeirats-Irgendwas wählen lassen, da kann ich ihm das gleich aufs Auge drücken. Und ich würde gerne noch mehr hören – Du hast den Artikel ja gerade weitergeleitet. Kopiert mich bitte gerne mal rein in Euer Gespräch 🙂

  11. “unsägliche Verein” wollte ich schreiben – warum gelang es nicht? 🙂

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